Der Lauftreff-Krimi
25 Jahre ungebundene Laufgruppen in Zürich, für Dich aufgearbeitet als persönlich geprägte Geschichte von Wollishofen rennt über CityRunning zu Züri rännt - mit vielen Fotos aus der Zeit.



Wie vor 25 Jahren alles beginnt
In Januar 2000 lancieren Ines Langenegger und Robert Peterhans als Privatinitiative mit Wollishofen rennt den ersten wöchentlichen Sonntagslauftreff in Zürich. Beide sind in Wollishofen zuhause, joggen gerne und sind unzufrieden mit dem bestehenden Trainingsangebot in der Stadt, das zu dieser Zeit fast ausschliesslich mit dem Leistungsdenken und den Verpflichtungen klassischer Sportvereine verknüpft ist. Aus dem ersten Frust darüber ist die Lust entstanden, selber ein Projekt zu gründen und darin eigene Ideen umzusetzen! Dazu gehören etwa der kostenlose und mitgliedschaftsfreie Zugang sowie der Verzicht auf Leistungsgruppen. Durch das Laufen in einer Gruppe und in einem mittleren Tempo von 6 min/km liegt der Fokus auf dem sozialen Austausch. Dazu kommt der Sonntagmorgen als ungewöhnlicher Lauftreff-Termin. Die weitherum entspannte Stimmung am siebten Wochentag passt zum lockeren Laufen und dem gemeinsamen Genuss des Moments wie er bei Wollishofen rennt fortan jedes Mal von neuem entsteht!
Aus den neuen Ideen entwickelt sich nach und nach ein Breitensportprojekt, das ein grosses von Sportämtern und Sportverbänden verkanntes Bedürfnis für ungebundenen, niederschwellig zugänglichen Sport aufzeigt und damit die traditionelle Vereinslandschaft ergänzt. So weit denkt beim Start des Wollishofer Quartierlauftreffs allerdings niemand. Was zählt ist der Anfang! Die einzige Werbung für Wollishofen rennt ist nebst der Mundpropaganda der Eintrag in der Agenda des "Züritipps". Das Ausgehmagazin des "Tages-Anzeigers" hat in dieser Zeit eine grosse Relevanz. Und so tuckert Sonntag für Sonntag ein Grüppchen mehr oder weniger ausgeschlafener Joggerinnen und Jogger um 9.30 Uhr für rund 90 Minuten vom Treffpunkt an der Tramendstation Wollishofen los. Es wird geplaudert oder geschwiegen. Beides passt. Eine Fotokamera hat niemand dabei. Smartphones wie sie heute geläufig sind gibt es im Jahr 2000 ebenso wenig wie Social Media.
Die familiäre Stimmung bei Wollishofen rennt hat den Vorteil, dass flexibel auf individuelle Bedürfnisse eingegangen werden kann. So wird die sonntägliche Joggingrunde auch mal in den Frühstücksraum eines Hotels an der Strecke umgeleitet, da der Hungerrast eines übernächtigten Teilnehmers das Weiterlaufen verunmöglicht.
Von Wollishofen rennt zum Stadtjogging
Mit der Ankündigung des 1. Zürich Marathons vom 12. April 2003 macht sich in der Zürcher Laufszene Aufbruchstimmung breit. Das Leitungsduo von Wollishofen rennt will kostenlose Trainingsläufe für den Marathon anbieten und fragt beim Zürich Marathon für die Vernetzung an. Eine Antwort kommt auch nach mehreren Anläufen nicht. Am Optimismus und Tatendrang der beiden Veranstaltungs-Amateure ändert dies nichts. Sie planen einen neuartigen gemeinschaftlichen Vorbereitungslauf, den sie Marathon PreRun nennen. Die Idee dahinter ist einfach: Wer einen Marathon laufen möchte, braucht vorher mindestens einen langen Lauf und dieser ist in der Gruppe kurzweiliger als alleine. Dass die 30 km des Marathon PreRuns entlang der Zürich Marathon Strecke führen, soll ein zusätzlicher Anreiz sein. Für die öffentliche Ausschreibung und als Anmeldeadresse hilft bei der Premiere eine Sportplattform mit, da Wollishofen rennt keine Website hat.
Obschon das Laufen auf dem Trottoir entlang der Seestrasse wenig attraktiv klingt, zündet die PreRun-Idee sofort. Gemäss Nachfrage bei der Kantonspolizei dürfen maximal 300 Läuferinnen und Läufer mitmachen, damit keine Bewilligungspflicht entsteht. Diese Zahl ist schnell erreicht und bleibt bei den nächsten Austragungen konstant hoch.
Die Laufszene liebt den PreRun als Dienstleistung. Beim Zürich Marathon, der kostspielige Vorbereitungsprogramme anbietet, ist man misstrauisch und delegiert aus dem OK einen hauptberuflichen Polizisten an den PreRun. Er soll prüfen, ob beim Gratisangebot alles mit rechten Dingen zugeht. Daraus entsteht eine unkomplizierte Begegnung unter Bewegungsmenschen. Der Ordnungshüter verspricht von sich aus, hinterher im Zürich Marathon OK Entwarnung zu geben.




Der 1. Marathon PreRun als grosser, gemeinschaftlicher Trainingsanlass hat soviel Spass gemacht, dass Wollishofen rennt im Sommer 2003 vom Treffpunkt im Quartier ins Stadtzentrum an den Bürkliplatz (Blumenuhr) zügelt und unter dem Namen CityRunning weitermacht. Mit der Treffpunkt-Züglete und dem neuen Namen rückt die Stadt als Bewegungsraum in den Mittelpunkt. Für viele ungewöhnlich. Lauftreffpunkte befinden sich in der Regel bei Sportanlagen oder im Grünen.
Der niederschwelllige Zugang wird mit dem neuen Angebot weiter ausgebaut. Etwa durch den Ton, der sich deutlich von jenem in einem traditionellen Sportangebot unterscheidet. In der ersten Website wird bewusst auf das Wort Training verzichtet. Und wer erstmals bei CityRunning reinschaut wird nicht nach Bestzeiten und Wettkampfzielen abgefragt, sondern einfach willkommen geheissen. Interesse an Vielfalt statt Treffpunkt für Gleichgesinnte ist ein Leitmotiv. Als ungeschriebenes Gesetz verzichtet die Leitung gänzlich auf Kommentare oder ungefragte Tipps zu den individuellen Lauftechniken. Die Leute sollen sich nicht optimieren oder perfektionieren müssen. Wer sich bewegt, tut schliesslich schon vieles richtig. Erst recht am Sonntagmorgen. So entsteht für viele ein neuer Zugang zum Laufen. In einer eigenen Kategorie, in der die sportlichen Ambitionen durchschnittlich und das Interesse an Menschen gross ist.
Diese Ausrichtung trifft unerwartet einen Nerv der Zeit. 30, 40 oder 50 Teilnehmende werden bald zur Regel. Die bunt zusammengesetzten Gruppen, die sich sonntags zum entspannten Joggen im Herzen der Stadt treffen, fallen auf. Auch einer freien Mitarbeiterin des "Züritipps". Sie meldet sich für eine ganzseitige Reportage an. Am vereinbarten Sonntag taucht sie nicht auf. Die Reportage erscheint trotzdem. Als Phantasie-Geschichte. Am Treffpunkt rieche es streng nach Dul-X, heisst es darin unter anderem. Es sind alle froh, dass auch dies frei erfunden ist 😉.




Im Fluss
Die erste CityRunning Website im Jahr 2004 ist eine Eigenkreation, gebastelt mit der Dreamwaver Software aus der Online Redaktion Ausbildung. Die wichtigsten Website-Inhalte sind Gruppenfotos und kurze Berichte der sonntäglichen Läufe. Zum fixen Jogging-Equipment gehört nun eine kleine Digitalkamera. Eine befreundete Typographin gestaltet das Lauftreff-Logo. Zusätzlich wird ein Newsletter eingeführt, der auf über 1'000 Abos anwächst.
Auf Anregung von Teilnehmenden entsteht das erste Teamshirt. Kostengünstig soll es sein und dennoch gerne getragen werden. Die Lösung kommt von Switcher mit seinem Gründer Robin Cornelius. Nach einem längeren Telefongespräch liefert er als Sponsoring eine limitierte Anzahl Sportshirts zum Freundschaftspreis. Weil immer mehr Leute ein CityRunning Shirt wollen, erfolgt schon bald der Wechsel zur österreichischen Marke Skinfit, die auf funktionelle Sportbekleidung für Teams spezialisiert ist.
Robert hat als selbstständigerwerbender Autor/PR Fachmann mehr berufliche Freiräume als Ines, die in der Finanzbranche arbeitet. Er übernimmt darum die Koordination und Kommunikation des kontinuierlich wachsenden Projekts. Daraus wird schliesslich die Gesamtleitung. Alles ist in einem natürlichen Fluss, nichts fühlt sich wie Arbeit an. So gesellen sich zum wöchentlichen Sonntagslauftreff alsbald wöchentliche abendliche Treffpunkte in Zürich Süd, Zürich West und Zürich Nord. Damit stehen jetzt jährlich mehr als 200 kostenlos zugängliche Treffpunkte zur Auswahl! Das Konzept ist überall das gleiche: CityRunning ist gemeinsames Laufen im 6 min/km Schnitt. Wer sich als Schnellläufer inszeniert, wird zurückgepfiffen oder durch einen Richtungswechsel ausgebremst. Die Stimmung in den Gruppen ist bestens. Zum gemeinsamen Spass gehören die wechselnden Strecken, die immer wieder einen frischen Blick auf Zürich ermöglichen!
Kostenpflichtiges Sight Jogging nach individueller Vereinbarung ergänzt die Gratis-Angebote. Es sind vor allem kleine Gruppen Privater, die davon Gebrauch machen. Als Überraschung für ein sportliches Familienmitglied. Oder einfach aus Neugier. Einmal bucht die damalige Credit Suisse für rund 20 internationale Kaderleute inklusive CEO und Marathonläufer Brady Dougan eine frühmorgendliche Tour ab Paradeplatz. Obschon es bislang der grösste Auftrag ist, haben die Sight Jogging Guides an diesem Morgen einen geruhsamen Job. Für die Unterhaltung entlang der Strecke sorgen die joggenden Bankerinnen und Banker nämlich gleich selber. Ihre ganze Aufmerksamkeit gilt dabei den Luxusautos, die im Viertel geparkt sind. Eine andere Welt.
Das Sight Jogging bleibt in einer Nische stecken - bis die Nachfrage ganz verschwindet. Das Interesse an den Lauftreffs steigt hingegen weiter. Bis zu insgesamt rund 20 Guides sind in der Leitung der einzelnen CityRunning Treffpunkte und durchschnittlich laufen ab den vier wöchentlichen Startorten rund 100 Personen mit. Es ist ein grosses Glück, dass die Suche nach zusätzlichen Leitungsmitgliedern eigentlich immer mühelos verläuft. Geld ist keines im Spiel. Dafür ein Spirit, der gänzlich auf Gleichberechtigung basiert. Dazu passt, dass es zwar eine Gesamtleitung und Leiterinnen und Leiter gibt, aber keine Hierarchien. Der Verzicht auf Vereinsstrukturen hat für die Stimmung untereinander und für die Weiterentwicklung des Projekts nur Vorteile! Im Kontakt mit offiziellen Stellen löst die ungebundene Organisationsform dagegen zuweilen Skepsis aus. So öffnen sich die Türen für den Austausch mit dem Zürcher Sportamt erst richtig mit der Pensionierung des langjährigen Direktors und der Neubesetzung des Postens.
Die informelle Struktur ist eine persönliche Entscheidung und kein Plädoyer gegen die Vereinskultur. Konkurrenzdenken gegenüber anderen Projekten existiert beim Lauftreff nicht. Es entstehen viele gute Bekanntschaften mit Läuferinnen und Läufern aus Vereinen oder anderen Clubs. Geschätzt wird bei CityRunning neben dem niederschweligen Zugang vor allem das sonntägliche Angebot, das anderswo nicht existiert. Der Joggerträff Pfäffikon SZ und Mitglieder vom LC Meilen sowie dem Sihltaler Sportclub engagieren sich überdies als Pacemaker beim PreRun. Die Kontakte bleiben zeitlos bestehen.




Auf Trab
Die Spezialität des kostenlos zugänglichen Lauftreffs ist die gemeinsame sonntägliche Laufrunde in der Stadt. Was nach zunehmender Routine klingt, ist durch den Spass an der Vielfältigkeit der Limmatstadt jedes Mal ein neues Erlebnis. Aussichtspunkte, Brunnen, Parkanlagen, Plätze, Tobel - fast kein Ort und Thema in Zürich ist vor CityRunning sicher. Jährliche Specials wie der Halbmarathon durch die 12 Stadtkreise sind eigentliche Stadtreisen mit Einblicken und neuen Bezügen, welche selbst Menschen überraschen, die schon lange in der Limmatstadt leben. Zum 10-jährigen Jubiläum wird ein zweiteiliger, ampelfreier Marathon durch alle 34 Stadtquartiere rekognosziert und durchgeführt. Ein aufwendiger Effort, der einmalig bleibt.
Für alles, was übers blosse Laufen hinausführt, werden spezialisierte Profis eingeladen. Sie kommen alle gerne. Wie 2007 Béatrice von Siebenthal, die Trainerin des Schweizer Fussball Nationalteams der Frauen. Unvergessen ihre nüchterne Schilderung des Umstands, dass die Frauen in Männerkleidung spielen müssen, weils noch keine Frauenkollektion gibt. Zu Besuch kommen zum Beispiel auch die Sportmedizinerin Corinne Weil und an einem anderen Sonntag ihr Berufskollege Michael Wawroschek. Beide sind privat vor allem im Triathlon aktiv. Ihre Tipps lassen sich gut aufs Laufen übertragen.
Andere Gäste werden eingeladen, um ein Training zu leiten. Die Leichtathletin Sabine Fischer bringt die Joggerinnen und Jogger mit einer Laufschule derart auf Trab, dass sie kurz darauf ein zweites Mal für ein Training angefragt wird. Oder Fränzi Gissler. Die Pionierin im Traillauf in der Schweiz reist aus dem Engadin an und findet am Fusse des Uetlibergs mühelos ein geeignetes Gelände für die Einführung der Stadtmenschen ins Traillaufen. Auch sie kommt mit ihrem Training so gut an, dass ein zweiter Termin ein Muss ist. Ein professionelles Honorar kann der Lauftreff nie leisten. Aber eine Entschädigung wird immer bezahlt. Die Teilnahme bleibt dabei immer kostenlos.
Das Interesse an den Lauftreffspecials ist ebenso gross wie die Wertschätzung. Einzig beim schweizweit wohl bekanntesten Namen bleibt die Beteiligung überschaubar. Offenbar haben viele Angst, dass Anita Weyermann nur "Gring ache und seckle" kann. Dem ist nicht so. Die träfe Bernerin leitet ein ausgezeichnetes Techniktraining an!
2007 ist Yoga noch nicht gänzlich in der Zürcher Laufszene angekommen. Und so werden die Übungen, die die Diplom Ingenieurin ETH und Yogalehrerin Esther Seitz auf Einladung beim "Laufen mit Yoga" vorzeigt, teils sehr frei ausgeführt. Spass haben irgendwie alle. Einige warten aber doch mit einer gewissen Ungeduld auf das Ende der ungewohnten Bewegungsabläufe und den Start der Laufrunde 😉.




Redaktion für Swiss Running
Über den eigenen Tellerrand zu blicken, rundet den Spass am CityRunning Engagement ab. Beim jungen Lauftreff basieren die Kommunikation und Vernetzung auf dem gleichen Lustprinzip wie das Laufen! Dies macht das Wirken noch spannender. Alleine schon durch die vielen Kontakte, die auf diese Weise entstehen! Bruno Kunz ist mit seiner Arbeit bei Swiss Athletics ein Seelenverwandter. Er verantwortet beim Leichtathletikverband unter anderem das Ausbildungswesen, zu dem etwa der Runningleiter/in Lehrgang zählt. CityRunning gehört in diesem Bereich zu seinen besten Kunden. Durch eine 50-prozentige Kostenübernahme werden alle Guides ermutigt, die Leitungsaubildung zu absolvieren.
Beim Schweizerischen Leichtathletikverband sucht man schon lange nach einer Möglichkeit, die Volkslauf-Masse an den Verband zu binden. Ein schwieriges Unterfangen, wenn durch die Breitensportler/innen eigentlich nur zusätzliche Einnahmen generiert werden sollen. Bruno Kunz weiss wie Swiss Athletics tickt. Und er schätzt die Leichtathletik ebenso wie den Laufsport. Darum ist er in seinen Lehrgängen ein ausgezeichneter Vermittler zwischen den beiden Welten. CityRunning wird als erster Lauftreff Mitglied beim Leichtathletikverband. Der Jahresbeitrag ist eigentlich viel zu hoch und die Gegenleistung kaum vorhanden. Daran ändert auch die Möglichkeit nichts, Einsitz in die Breitensportkommission zu nehmen. Das gutgemeinte Gremium erweist sich als wirkungslos und existiert heute nicht mehr.
Bruno Kunz bereitet eine Statutenänderung vor, damit eine eigene, deutlich günstigere Mitgliedschaftskategorie für Lauftreffs geschaffen werden kann. Der Antrag wird an einer Swiss Athletics Delegiertenversammlung überraschend klar angenommen. Zudem lanciert der Leichtathletikverband unter dem Namen Swiss Running eine eigene Website für die Kommunikation mit der Runningszene, die auf Anregung des Ausbildungsverantwortlichen redaktionell vom CityRunning Office heraus als Forum des Breitensports betreut wird.
Weil ein Laufveranstalter alsbald darüber verärgert ist, dass nicht jede Medienmitteilung von ihm aufgeschaltet wird, kommts zu einer Art Krisentreffen, bei dem Bruno Kunz unaufgeregt die Wogen glättet. Später verlässt er den Verband und arbeitet als Geschäftsführer in einem sozialen Projekt weiter. Im Sommer 2024 verunfallt der 50-jährige bei seiner neuen Arbeit als SAC Hüttenwart tödlich. Ein Schock für viele. Swiss Running wird seit mehreren Jahren als Joint Venture und gemeinsame Plattform vom Verein Swiss Runners und Swiss Athletics weitergeführt. Aus dem Forum für die Läuferinnen und Läufer ist eine Interessenvertretung der Laufveranstalter geworden.
Stadtjogger/innen Gesichter 2004 - 2010
Fast eitel Sonnenschein
Glück ist der stete Begleiter in den ersten zehn CityRunning Jahren von 2003 - 2013. Glück, dass die eigenen Ideen vom Laufen einem Bedürfnis entsprechen! Und Glück, dass rund ums Projekt meist die Sonne scheint! Dazu gehört das Glück mit der Sponsorensuche. Eine schwierige Suche ist es eigentlich nie; viele Firmen fragen von sich aus an, ob ein Interesse an Sponsoring bestehe! Manchmal, weil ein leitender Angestellter begeisterter Läufer ist oder sogar selber bei CityRunning mitläuft. Und manchmal, weil der Lauftreff in den Medien auffällt. Der niederschwellige Zugang zu Bewegung wird als beispielhaft wahrgenommen. Die Verschiedenheit und Vielfalt innerhalb der Gruppen ist aussergewöhnlich und wird von allen Teilnehmer/innen als ein besonderes Glück angesehen. Die private Trennung des Gründerpaares ändert nichts an der Leichtigkeit dieser Jahre.
Das Glarner Familienunternehmen Kern AG mit seinen Pharmazeutischen Kräuterspezialitäten ist der erste Sponsoring Partner. Die Zürich Versicherungsgesellschaft mit dem Zurich vitaparcours, die Sport Clinic Zürich, Bächtold Sport, Ascensia Diabetes Care, Jelmoli, eine Reha-Unternehmensgruppe und Coca Cola Schweiz sind Beispiele für weitere Firmen, die über die Jahre hinweg beim Zürcher Lauftreff einsteigen. Speziell die Anfrage von Coca Cola Schweiz ist eine Überraschung. Das Unternehmen hat sich bislang nicht im Laufsport engagiert und die Marken des weltweit grössten Getränkeherstellers sind bei CityRunning nicht besonders beliebt. Der Kontakt zur verantwortlichen Person in der Schweiz, verläuft indes sympathisch und unkompliziert, so dass der neuen Erfahrung nichts im Weg steht.
Neu ist etwa der umfangreiche Vertrag, der unterschrieben werden muss und die für den Lauftreff ungewohnt hohe Summe. Als Gegenleistung will Coca Cola Schweiz den exklusiven Auftritt bei einem jährlichen Erlebnislauf. Das passt für alle. Zu den Leistungen gehören beim Anlass auch kostenlose (Sport-)Getränke sowie ein grosszügiges Geschenk für alle Finisher/innen.
Die Ausnahme bei der Sponsorensuche bildet die Zürcher Kantonalbank. Auf Drängen mehrerer Leute, die auf das Engagement der Bank im Laufsport hinweisen, wird eine Anfrage verfasst, worauf eine Sponsoring-Sachbearbeiterin der ZKB zu einem Treffen einlädt. Das Gespräch verläuft unverbindlich, aber angenehm. Einige Zeit später trifft der schriftliche Bescheid des Chefs ein. Der Ton ist aggressiv. "Ihr seid die Feinde der Vereine", heisst es darin mit Hinweis auf die ungebundene Struktur.
Bis zu maximal rund 20'000 Franken betragen die jährlichen Einnahmen aus Sponsoring und freiwilligen Beiträgen der so genannten CityRunning Friends. Damit werden sämtliche Rechnungen beglichen, etwa für die Beteiligung an den Ausbildungskosten, für Teambekleidung, für Materialeinkäufe, für Eventkosten und Einladungen an die Guides und die Supporter/innen. Manchmal liegt auch die Erfüllung eines Sonderwunsches drin. Wie die Flying Banner, die ein Guide für mehr Sichtbarkeit an Events vorschlägt. Die Gesamtleitung arbeitet in einem durchschnittlichen Pensum von rund 50 Prozent. Ein eigentlicher Lohn dafür ist nicht möglich. Der grosse Spass als wichtigste Entschädigung passt.
Mit seinem grossen, gänzlich kostenlos zugänglichen Angebot gehört CityRunning 2013 schweizweit zu den meist beachteten Breitensportprojekten. Auf superlative Darstellungen wird in der Kommunikation indes bewusst verzichtet. Schliesslich stecken kein Businessplan und Marketing dahinter, sondern fortwährendes Lustprinzip. Dies gefällt auch dem jungen Unternehmen On. Einer der drei Gründer fährt bei einem Meeting mit einem Lieferwagen vor und offeriert jedem Guide kostenlos ein Paar On Laufschuhe.
"Gemeinsam jung bleiben statt zusammen alt werden" lautet das Motto der Gesamtleitung bei der Einladung zum Jubiläums-Brunch im Restaurant Uto Kulm auf dem Zürcher Hausberg. Niemand ahnt, dass dieses Credo schon bald auf dem Prüfstand steht.
Das Jubiläumsjahr 2013 wird durch eine gänzlich unerwartete Überraschung im CityRunning Briefkasten abgerundet. Es ist die Mitteilung über den 1. Rang beim "Der andere Sportpreis" des Zürcher Kantonalverbands für Sport ZKS. Weder der Verband noch dessen Sportpreis sind den Lauftreff-Verantwortlichen bis zu diesem Bescheid bekannt. Wer für die fleissigen Stadtjogger/innen lobbyiert hat, bleibt ein Geheimnis.




Abschied und Neuanfang
"Ihr werdet nie einen Psychiater brauchen", meint in den CityRunning Anfangsjahren ein mitjoggender Psychiater mit Blick auf die gesundheitsfördernde Wirkung des Laufens. Gänzlich Recht behalten hat er nicht. Aber es dauert lange bis die gefühlt heile Welt des gemeinsamen Laufens Risse erhält. Ein manisch depressiver Teilnehmer erlebt privat einen tragischen Totalabsturz. Und eine Teilnehmerin berichtet von häuslicher Gewalt durch einen langjährigen Mitläufer. Dieser wird kurz darauf vorstellig mit dem Wunsch, Guide zu werden. Ein langes Gespräch bringt keine Klärung und keine Zusage als Guide.
In der Arbeit für den Lauftreff wird nach und nach ein gesellschaftlicher Wandel in Zürich sichtbar. Im Maileingang treffen vermehrt englischsprachige Anfragen ein und Rückmeldungen auf beantwortete Mails werden von der Regel zur Ausnahme. Facebook boomt. CityRunning hat jetzt ebenfalls einen Account und kann dadurch seine Reichweite vergrössern. Gleichzeitig inszenieren sich Einzelpersonen auf Social Media zunehmend selbst als Marke. Der Begriff des Influencers ist geboren.
Aus den Joggerinnen und Joggern sind Läuferinnen und Läufer geworden. CityRunning ist bei vielen Volksläufen mit grossen Delegationen vertreten. Die alphabetisch geordneten Finisherlisten, die regelmässig auf der Website aufgeschaltet werden, erfreuen sich besonderer Beliebtheit. Sie werden nicht als Wertung dargestellt und auch nicht als solche empfunden, sondern als Anerkennung! Mit der steigenden Wettkampfbegeisterung sinkt gleichsam das Interesse an den sonntäglichen Lauftreffs, die eigentlich das Herz des Angebots bilden. Es wird zudem schwierig, Guides für Wochenendeinsätze zu finden.
Äussere Umstände für positive oder negative Entwicklungen verantwortlich zu machen, ist keine Option. Handeln ist angesagt, Ideen sind genügend vorhanden. Etwa mit neuen Angeboten oder Korrekturen bei den bestehenden Treffpunkten. Doch der ungebundene Lauftreff hat sich in zwölf Jahren unmerklich verfestigt. Loslassen und etwas Neues wagen weckt Ängste davor, etwas zu verlieren. Alles soll so bleiben wie bisher. Ein Streit ist absehbar. Keine verlockende Aussicht für ein Projekt, das für gemeinsamen Spass steht. So wird nach zwölf spannenden und schönen Jahren CityRunning für die Leitung klar, dass es nur eine Möglichkeit gibt, Zank zu verhindern und nach vorne zu schauen: den Ausstieg und die Weitergabe ans Team.
CityRunning zu gründen und zu leiten ist nie eine Frage des Prestiges gewesen, sondern immer eine Herzensangelegenheit. Mit dem gleichen Spirit lancieren Marianne und Robert auf 2016 die Laufgruppe Züri rännt. Eine neue Reise beginnt. Mit dem überraschenden Sportförderpreis der Stadt Zürich fast zu Beginn. Und mit einer stärkeren Gewichtung der redaktionellen Arbeit sowie der Vernetzung mit Organisationen wie der Asylorganisation Zürich AOZ und Gemeinschaftszentren in Zürich. Die Offenheit gewinnt als Programm weiter an Bedeutung.




PS.
Die Arbeit an der Chronik und den Geschichten aus 25 Jahren unabhängige Laufgruppen in Zürich ist ein Prozess, der noch nicht beendet ist. Es ist natürlich gänzlich okay, wenn Du lediglich durch die Fotos scrollen möchtest statt viel zu lesen 😀.
Diese Arbeiten sind als Service für Dich gedacht. Zusätzlich sollen sie gegen das eigene Vergessen helfen und etwas Ordnung und Übersicht ins über mehrere Computer, Laptops und USB Sticks verzweigte Archiv bringen.
Verklärung, Selbstbeweihräucherung oder Abrechnungen müssen nicht befürchtet werden. Es gibt auch keinerlei Gründe dafür. Eigene Ideen umzusetzen, ist ein Privileg und Glück und lehrt einen, weder das Positive noch das Negative allzu persönlich zu nehmen.
Die Jahre 2016 bis heute sind in der Chronik noch nicht näher dokumentiert.
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