"Es geht mehr um die persönliche Beziehung"

09.11.2024 RedaktionBlog 

Züri rännt im Gespräch mit der Fotografin und Personal Running Trainerin Djamila Grossman.

Djamila, wir haben uns neulich an einer Swiss Athletics Fortbildung zum Thema "Erste Hilfe im Laufsport" kurz kennengelernt, hattest Du schon mal einen medizinischen Vorfall in einem Personal Training?
…genau, ein spannender und wichtiger Kurs! Im Lauftraining hatte ich selbst noch keinen Notfall. Zum Glück. Allerdings möchte ich auf Zwischenfälle bestmöglich vorbereitet sein und meine Verantwortung als Coach ernst nehmen.

Aus welchem Antrieb heraus arbeitest Du als Personal Running Trainerin?
Ich laufe seit meinem 12. Lebensjahr! Damals trainierte ich Schlittenhunde und zog mit ihnen durch den Wald. Als ich später zum Trail Running kam, machte es sofort Klick. Das Laufen ist ein fester Bestandteil meines Lebens geworden und ich liebe das Laufen aus ganzem Herzen. Es bedeutet für mich Freiheit und Unabhängigkeit, nur mit der Kraft des eigenen Körpers lange Strecken zurückzulegen. Und das Laufen lehrt mich Dinge, die auch sonst im Leben helfen: Aufgaben zu meistern, an mich zu glauben, strategisch zu denken und meine Grenzen zu spüren und zu achten.
Irgendwann kam der Punkt, dass ich mehr wissen wollte über das Laufen: Lernen, wie ich Fortschritte mache und wie ich gesund trainiere - auch über viele Jahre hinweg, nicht nur für einen bestimmten Wettkampf. Die Themen wurden komplexer und ich wollte Abläufe und Details genau verstehen. Ich entwickle hier einen sehr grossen Wissensdurst! So machte ich vor rund fünf Jahren aus Neugierde meinen ersten Runningleiter Kurs bei Swiss Athletics. Und dann war der Schritt zum Coaching nicht mehr weit. Es ist toll, einen theoretischen Ansatz wie etwa die Strukturierte Trainingsplanung in der Praxis umzusetzen, damit Erfolge zu erzielen, und genau zu wissen, warum es funktioniert.

Mit welchen Erwartungen kommen die Leute zu Dir?
Oft liegt eine anstehende Herausforderung zugrunde; das Ziel, eine bestimmte Distanz zu laufen, einen Halbmarathon zum Beispiel. Oder einfach regelmässig laufen zu können, gestärkt zu sein und sich gesund zu fühlen. Oft sind die Leute erstaunt, wenn sie erst mal langsamer und eher weniger am Stück laufen sollen als sonst, dafür regelmässiger.  

Was ist Deine Handschrift als Trainerin?
Ich sehe mich nicht als reine Wissensvermittlerin, sonst könnten die Leute ihre Trainingspläne auch einfach runterladen oder von der KI schreiben lassen. Es geht im Coaching mehr um die persönliche Beziehung. Mein Lauftraining ist zum Beispiel nicht competitiv fokussiert. Es geht um Balance, Wohlbefinden, Gesundheit. Wem diese Werte ebenfalls wichtig sind, kommt vielleicht eher zu mir, als zu einer Person, bei der persönliche Bestleistungen im Vordergrund stehen. Beides ist legitim und vielleicht haben wir sogar eine sehr ähnliche Trainingsgrundlage. Aber es sind verschiedene Angebote. Diese Vielfalt ist toll, denn ich denke, man kann nur dann Fortschritte erzielen, wenn man sich inspiriert und in seiner Persönlichkeit gesehen fühlt.

Welche Eigenschaft ist in der Arbeit als Personal Trainerin besonders wichtig?
Wichtig ist die Fähigkeit, zuhören zu können und viel zu fragen. Ich möchte nicht nur erfahren, welche Ziele oder Visionen jemand erreichen möchte, sondern auch wie oft kann oder will jemand laufen. Wie sieht ihr Alltag aus? Was motiviert sie? Wo benötigen sie die meiste Unterstützung? Jeder Mensch ist anders und demnach gestaltet sich das Lauftraining in jedem Fall anders.
Ebenso wichtig wie das Zuhören und Fragen ist in meiner Arbeit, die Fähigkeit Menschen zu begeistern und positiv zu motivieren. Mit Disziplin allein kommt man nicht weit! Ich möchte meine Kundinnen und Kunden inspirieren, für sich Initiative zu ergreifen und auch persönlich am Training zu wachsen - ob sie 5 km pro Woche laufen, oder 50 km. Da ich selber fürs Laufen brenne, springt der Funke über.

Du hast die Ausbildungen als Erwachsensport Schweiz Running- Berglauf- und Traillauf-Leiterin absolviert, was machst Du bei Fragen, die übers Trainings Know-how hinausführen?
Ich habe ein fundiertes Wissen und bilde mich stets auch in Bereichen weiter, die periphär mit dem Laufen zu tun haben wie etwa Ernährung, Krafttraining sowie Sicherheit auf den Trails. Es gibt natürlich Themen, die über mein Wissen hinausgehen, zum Beispiel Vorverletzungen oder körperliche Einschränkungen, die einer vollen Belastung im Wege stehen könnten. Hier bitte ich um vorherige Rücksprache mit Fachpersonen aus dem Medizinbereich. Gibt es spezifische Einschränkungen, passe ich das Training entsprechend an. Als Basis dient ein umfassender Fragebogen, der anfangs ausgefüllt werden muss.

Für die Preisgestaltung von Personal Training gibt es keine verbindlichen Empfehlungen. Wie bist Du diesbezüglich vorgegangen?
Meiner Preisgestaltung liegt ein Stundenansatz zugrunde für den zeitlichen Aufwand von 1-1 Coachings und dem Erstellen von Trainingskonzepten.

Bist Du in der organisierten Zürcher Laufszene vernetzt oder sind Dir Gruppenangebote ein Greuel?
Ich selbst laufe vorwiegend allein und bin daher in der Zürcher Laufszene weniger vernetzt. Ein Greuel sind mir Gruppenangebote jedoch keinesfalls! Die Möglichkeiten des Austauschs und des Trainings sind wunderbar und es ist eine tolle Motivation und Energie in einer Gruppe. Ich sehe das Personal Trainining als ein spezifisches Tool, was die Teilnahme in Laufgruppen nicht ausschliesst. Ich helfe Menschen mit spezifischen Workouts, persönlichen Zielen oder konkreten Anliegen. Möchten sie eine Einführung ins Trail Running, etwa, um sich danach einer Trail Gruppe anschliessen, ist das doch super! Oder wir schauen, wie sie die Teilnahme an verschiedenen Laufgruppen aufgleisen können, ohne sich zu verausgaben. Dies bringt es zurück zum Personal Training. Ich sehe mich als Unterstützung, die Wünsche des Einzelnen in Bezug aufs Laufen erfolgreich und mit Enthusiasmus umzusetzen. 

Du bist in Berlin geboren, hast lange Zeit in den USA gelebt und dort studiert bevor du vor rund acht Jahren via Berlin nach Zürich gekommen bist, wo Du hauptberuflich als Fotografin arbeitest - was hat Dich in die vergleichsweise beschauliche Limmatstadt geführt?
Die Liebe! Die Liebe zu meinem Partner, der damals schon in Zürich wohnte. Dann die Liebe zur Natur und zu den Bergen. Nachdem ich in Arizona und in Utah an den Rocky Mountains gelebt hatte, konnte ich in Berlin nicht mehr Fuss fassen. Ich geniesse in Zürich das urbane Leben und kann täglich am Üetliberg laufen, nach einer Stunde Zugfahrt bin ich in Glarus und es öffnet sich die Bergwelt. Dieses Lebensgefühl möchte ich nicht mehr missen! 

Danke an Djamila für dieses Interview und weiterhin Erfolg und Spass mit allem!

allwindsrunning.ch
djamilagrossman.com

© Djamila Grossman

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