Vom DDR Radsportler zum Laufschuhprofi in Zürich

18.03.2024 RedaktionBlog 

Züri rännt im Gespräch mit Olaf Jentzsch. Der ehemalige DDR Radsportler startete in der Schweiz als Fachmann im Runningbereich neu durch.

Olaf, im Internet gibt es eine Wikipedia Seite mit Deinen Stationen und Erfolgen als Radrennfahrer, ist diese Zeit zwischen 1977 und 1992 auch sonstwie noch präsent in Deinem Alltag?
Hin und wieder komme ich darauf zurück, wenn ich darauf angesprochen werde. Zuletzt war dies zum 90-igsten Geburtstag meines ehemaligen Trainers in Cottbus, wo ich alte Weggefährten getroffen habe. Hin und wieder werde ich auch in der Schweiz auf meine Zeit als Radrennfahrer angesprochen, weil mein Name bei älteren Fans noch präsent ist. Zuletzt passierte mir dies in einem Hotel im Wallis.

Du hast Deine wichtigsten Siege als Amateursportler für die DDR erzielt und konntest in offen ausgetragenen Rundfahrten auch mal Profis wie den späteren Tour de France Gewinner Greg Lemond auf die Plätze verweisen. Bist Du mit deiner radsportlichen Vergangenheit im Reinen oder haderst Du mit den damaligen politischen Verhältnissen?
Ich blicke gerne auf meine radsportliche Laufbahn zurück. Als Nationalkader hatten wir in der DDR gewisse Privilegien. So konnte ich zum Beispiel weltweit an Wettkämpfen und Trainingslagern der Nationalmannschaft teilnehmen. Das einzige Manko war, dass ich erst nach dem Mauerfall Radprofi werden durfte und somit meine erfolgreichsten Jahre mit Beginn der Radprofizeit eigentlich vorbei waren.

Vom Radsport zum Laufsport. Wir haben Dich vor rund fünfzehn Jahren erstmals persönlich getroffen - als initiativen Geschäftsführer eines neu eröfneten Laufsportgeschäfts in der Zürcher City. Wie ist es zum Wechsel in ein neues Land und in ein neues Metier gekommen?
Ich habe während meiner aktiven Zeit als Amateur und Profi an diversen Wettkämpfen in der Schweiz teilgenommen wie etwa am GP Tell oder an der Tour de Suisse. Die Landschaft mit der Nähe zu den Bergen hat mir hier immer sehr gut gefallen. Als ausgebildeter Diplom-Sportlehrer interessierte ich mich seit jeher auch für das Joggen und Laufen. Und so nutzte ich die Möglichkeit, eine Stelle als Storemanager eines neueröffnten Running Shops in der Zürcher City anzunehmen.

Du bist einer, der zuhören kann und mit seiner zurückhaltenden, verschmitzten Art gut ankommt. Hast Du Dich demnach schnell zurechtgefunden in der Schweiz oder ist Dir das Einleben schwergefallen?
Das Einleben in der Schweiz ist mir nicht schwergefallen. Als ehemaliger Sportler und späterer Hobbyläufer konnte ich schnell Kontakte knüpfen. Geholfen hat mir dabei auch das Mitwirken in einem Lauftreff. Die Teilnahme an Laufveranstaltungen wie dem Jungfrau Marathon, dem damaligen Swiss Alpine Marathon oder dem LGT Alpin Marathon boten zusätzliche Möglichkeiten für neue Bekanntschaften. Und die vielen Kundenkontakte im Running Shop haben das Einleben in der Schweiz ebenfalls erleichtert.

Das neue Laufsportgeschäft wurde von den Besitzern bald wieder geschlossen. Darauf hast Du mit 54 Jahren in der Genossenschaft Migros Zürich angefangen, wo Du nach kurzer Zeit die Bereichsleitung Ryffel Running by SportX übernehmen konntest - welche Rolle spielte Markus Ryffel dabei?
Nach der Schliessung des Laufsportgeschäfts erhielt ich von Bekannten diverse Hinweise auf offene Stellen. Parallel dazu habe ich mich bei der Genossenschaft Migros Zürich beworben und schlussendlich da auch zugesagt. In diesem Zeitraum hat Markus Ryffel seine beiden Geschäfte an die Migros verkauft und ich konnte den ersten Ryffel Running Shop im Glattzentrum übernehmen. Markus Ryffel kannte ich zu diesem Zeitpunkt nicht persönlich, was sich aber über die Jahre geändert hat. Ich konnte von ihm viel mitnehmen für meine Tätigkeit als Bereichsleiter Ryffel Running by SportX.

Konntest Du bei SportX Einfluss nehmen auf die Sortimentsgestaltung im Laufschuhbereich?
In meiner Zeit als Bereichsleiter Ryffel Running gehörte ich der Erfahrungsaustausch ERFA Gruppe Running an, wo ich die Interessen der Genossenschaft Migros Zürich und speziell der Ryffel Running Shops vertreten habe. Hier wurden die neuen Sortimente mit dem Einkäufern besprochen respektive Vorschläge aus den verschiedenen Genossenschaften diskutiert. Wenn mich eine neue Laufschuhmarke überzeugte, setzte ich mich dafür ein, dass wir sie ins Sortiment aufnahmen. Dies ist zum Beispiel mit der relativ unbekannten Marke True Motion gelungen.

Mit dem 65. Geburtstag im Dezember 2023 wurdest Du pensioniert – wie blickst Du auf die fast 12-jährige Zeit bei Ryffel Running by SportX zurück?
Ich blicke mit Stolz auf die erfolgreiche Umsetzung des Ryffel Running Konzeptes in den von mir geleiteten Ryffel Running Shops und auf die dabei erreichten Ergebnisse. Zum positiven Rückblick gehören natürlich auch die neuen Kontakte, welche ich in dieser Zeit schliessen konnte. Ich bin ein Mensch, der von sich aus nicht so schnell auf Leute zugeht. Der Sport und die Tätigkeit im Sport haben mir geholfen, offener zu werden.

Welche sportlichen Pläne hast Du für die Zukunft?
Im Moment möchte ich mich wieder etwas mehr aufs Rennrad konzentrieren, was aber nicht bedeuten soll, dass Volksläufe gänzlich aussen vor bleiben. Spontan werde ich ohne Ambitionen an dem einen oder anderen Lauf teilnehmen.

Bist Du Radsportfan geblieben?
Ich helfe noch stundenweise in einer Bike World Filiale aus. Den Radsport verfolge ich weiterhin. Aber aus Distanz. Oder dann in temporären Funktionen als Nachwuchscoach. Es hat sich viel verändert im Radsport. Etwa bei der Ernährung. Ich war zu meiner Aktivzeit mit 72 Kilo bei 178 cm Grösse ein Bergspezialist. Mit dieser Statur würde ich heute eher als Sprinter gelten. Die starken Bergfahrer von heute sind in der Regel deutlich filigraner.

Danke fürs Interview Olaf und alles Gute!
Mehr: Olaf Jentzsch auf Wikipedia

Archiv
"Laufen ist keine primitive Angelegenheit" Interview mit Markus Ryffel 04/21

Olaf Jentzsch als Berater auf einem Werbeplakat von SportX.
Olaf Jentzsch beim Bremgarter Reusslauf 2017
Olaf Jentzsch 1981 als frisch gekürter DDR Meister im Strassenrennen - neben ihm sein Vater.

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